Cover des Buches „die besten etfs der welt“ von Sinan Krüeger, auf dem mit Wäscheklammern an einer Leine befestigte Sprechblasen ein Gespräch über ETF-Strategien symbolisieren

Die besten ETF-Strategien der Welt

Von
Celine
| 25. März 2024 |
Literatur
Eine Hand hält ein Buch mit dem Titel „Die besten ETF-Strategien“ mit einem malerischen Blick auf weiße Gebäude und blaue Kuppeln im Hintergrund.

von Sinan Krieger ist ein kurzweiliges Finanzbuch für Einsteiger, das es sich zum Ziel gesetzt hat, den einen Überblick über verschiedene bekannte ETF-Strategien zu verschaffen. Diesen Ansatz kommt der Autor auch auf knapp 200 Seiten nach, bleibt für meinen Geschmack dabei aber deutlich zu unparteiisch und oberflächlich. Wem allerdings ein grober Überblick genügt und wer keine tieferen Analysen oder gar kritische Einordnungen wünscht, wird mit dem Buch gut bedient sein.

Frau hält ein Buch über ETF-Strategien in der Hand und lächelt mit einer Kirche und klarem Himmel im Hintergrund.

Mir war es für meinen Geschmack am Ende doch zu wenig für eine sehr gute Bewertung. Dennoch ist es aus meiner Perspektive ein gutes und durchaus lesenswertes Finanzbuch – insbesondere, wenn man bereits über etwas Hintergrundwissen verfügt und die kritischen Einordnungen beim Lesen selbst übernehmen kann.

Sinan Krieger nimmt die Leser in seinem Buch mit auf eine Reise quer durch die Welt der Exchange Traded Funds (ETFs). Dabei zeigt er recht schnell, dass der Spieltrieb mancher Investoren auch vor ETFs kein Halt macht und daraus durchaus wissenschaftlich fundierte, aber auch emotional behaftete, gar obskure Ideen entstehen können. ETFs sind mittlerweile zu meiner Freude zu einer der beliebtesten Anlageformen geworden.

Der wissenschaftlich fundierte Ansatz der Passivität an den Kapitalmärkten mit einem Fokus auf dem sinnvollen Portfolioaufbau ist dabei aber mitunter verloren gegangen und verwässert zusehends in allseits beliebten Core-Satellite-Strategien, wobei der Satellit als Synonym für so ziemlich jede Stufe des aktiven Investierens stehen kann. Aber auch emotional getriebene Priorisierungen von verschiedenen Branchen, Nischen oder Ausschüttungen werden in den vorgestellten Strategien abgebildet.

Der Autor geht mit dem Ziel an seine Übersicht, für die Anleger das Maximum aus diesen Indexfonds herauszuholen und nutzt dazu insbesondere die Sharpe-Ratio als Gratmesser. Für mich persönlich eine erste – vor allem vermeidbare – Schwäche des Buches. Denn Sinan Krieger zeigt auf den ersten Seiten in seinen Schilderungen selbst, dass er sich der Grenzen dieser Risikokennziffer bewusst ist, liefert sogar eine etwas vorteilhaftere Alternative, nutzt dann später in seinen Backtests dennoch die Sharpe-Ratio. Für mich vollkommen unverständlich.

„Diese „Weiterentwicklung" oder „Verfeinerung" der Sharpe Ratio halte ich für äußerst sinnvoll, da sich in der Praxis wohl kaum ein Anleger über plötzliche Kursausbrüche nach oben beschweren würde, oder? Sie werden in diesem Buch deshalb häufiger auf beide Risikokennzahlen stoßen. Sofern in den Originalstudien angegeben oder beim Backtest möglich, basieren meine Gegenüberstellungen auf der Sharpe Ratio. Diese richtet sich noch ein Stückchen mehr an den Bedürfnissen der Anleger aus.“

Sinan Krieger

Diese Argumentation ist in sich nicht schlüssig. Wenn die vorher auf der Seite beschriebene Sortino-Ratio eine „äußerst sinnvolle Weiterentwicklung oder Verfeinerung der Sharpe Ratio“ darstellt, weshalb nutzt man sie dann nicht auf den folgenden Seiten primär und weshalb ist die Sharpe Ratio dann gleichzeitig, trotz all der Nachteile, „mehr an den Bedürfnissen der Anleger ausgerichtet“? Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn.

Persönlich würde ich mich freuen, wenn auch in Büchern für Einsteiger endlich auch mal komplexere und realitätsnahe Risikokennziffern zur Beurteilung von Portfolioentwicklungen genutzt würden. Bislang habe ich noch in keinem einzigen Finanzbuch mal Untersuchungen auf Grundlage von Schiefe und Wölbung (zu Englisch Skewness und Kurtosis) oder gar Ko-Kurtosis gelesen. Kennzahlen, die erschreckend wenige aktive Anleger da draußen überhaupt kennen oder gar wissen anzuwenden.

Man könnte behaupten, dass sie sich mit Nassim Talebs Worten, des eigentlichen Risikos gar nicht bewusst sind. Wer heute noch mithilfe von Standard-Abweichung und Volatilität das Risiko seines Investments beurteilt, der trägt ein Risiko, das er gar nicht kennt. Meine Intention ist es nun allerdings nicht, einen Statistik-Vortrag zu halten, sondern ein Stück weit auf die geballte Unwissenheit da draußen aufmerksam zu machen.

Inhaltlich nutzt Sinan Krieger leider keine dieser höherwertigen Risikokennziffern, sondern belässt es bei Standard-Abweichung und Volatilität, was die „kritische Einordnung“, wenn man es überhaupt so nennen mag, der 17 unterschiedlichen ETF-Strategien zumindest etwas verwässert. Darunter sind viele einfache Buy-and-Hold-Strategien, aber auch einige komplexere Timing-Strategien. An dieser Stelle nochmal ein starker Reminder an alle, die sich allzu gerne verlocken lassen: „Time in the market beats timing the market.“ Ken Fisher

Frau liest ein Buch über ETF-Strategien mit malerischen weißen Gebäuden und einer blauen Kuppel im Hintergrund.

Zu Beginn erläutert Sinan Krieger ausführlich die Sinnhaftigkeit von ETFs als Anlagevehikel. Für ihn sind sie die ideale Anlageform für lange Horizonte. Gerade bei Investoren mit kurz- und mittelfristigem Horizont sieht er allerdings Nachbesserungsbedarf und möchte Abhilfe schaffen.

Er unterstreicht mehrfach, dass Investoren oft nicht die Geduld oder die finanziellen Möglichkeiten haben, um jahrzehntelang auf Renditen zu warten. Sinan Krieger ermutigt die Leser in diesem Zusammenhang dazu, ihre Anlagestrategien sorgfältig zu überdenken und auf ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Mir persönlich geht das allerdings nicht weit genug. Ich lese diese „Individualitäts-Argumente“ immer wieder in Finanzbüchern für Einsteiger, gehe da aber einfach nicht mit.

Für mich ist es weniger sinnvoll, emotionalen Wesen emotionale Strategien an die Hand zu geben, um sie zufriedenzustellen – obgleich man wissenschaftlich belegbar weiß, dass dies nicht unbedingt die beste Idee ist. Dazu braucht man nur einmal das Buch Gierig. Verliebt. Panisch von Jessica Schwarzer lesen oder Die Kunst des klugen Denkens von Rolf Dobelli zur Hand nehmen.

Meiner Meinung nach wäre es deutlich sinnvoller, den Lesern – insbesondere, wenn es sich um Einsteiger handelt – immer und immer wieder zu vermitteln, dass Emotionen an den Kapitalmärkten nichts zu suchen haben. Weder Gier noch Angst oder Sympathie mit Unternehmen oder Marken erweisen sich dort als zielführend. Erfahrene Investoren haben Wege gefunden, ihre Emotionen zumindest zu kanalisieren, aber ihnen definitiv nicht die Oberhand zu überlassen, wenn es um Investitions-Entscheidungen geht.

Deswegen, auch wenn euch mal wieder irgendein 08/15-Finanzblogger mal wieder dazu geraten hat: kauft keine Aktien von Unternehmen, die ihr gerade besonders toll findet, selbst nutzt oder dergleichen. Das mag ein „spannender“ und „attraktiver“ Einstieg in den Aktienmarkt sein, hat aber rein gar nichts mit seriösem Investieren zu tun und offen gestanden hat ein Großteil der Menschen da draußen weder die Zeit noch das Kapital, um sich bei der Altersvorsorge solche Eskapaden zu leisten.

„Auf […] können Sie als Privatanleger nahezu jede Strategie „backtesten", also die Performance der Vergangenheit anzeigen lassen. Die Auswertungen gehen aber noch viel weiter als nur die reine Kursentwicklung. Die angesprochenen Sharpe und Sortino Ratios lassen sich ebenso abrufen wie die maximalen Drawdowns, etwaige Erholungszeiträume, rollierende Renditen und noch vieles mehr. Vor allem die Anzeige der rollierenden Renditen macht die Auswertungen so spannend: Anleger können so nämlich schauen, nach wie vielen Jahren sie mit einer bestimmten Strategie selbst zum schlechtestmöglichen Einstiegszeitpunkt wieder im Plus gewesen wären.“

Sinan Krieger

Da beinahe das ganze Buch darauf beruht, werden selbstverständlich auch eine ganze Reihe von Tools vorgestellt, die aus einem eigentlich passiven Ansatz mit wissenschaftlichem Fundament einen Backtesting Wahnsinn machen. Dabei sollte man wissen, dass Backtest nur zeigen was in der Vergangenheit passiert ist und nicht begründen, weshalb es passiert ist. Sie sind dadurch nur maximal ein Indikator, aber niemals der primäre Gratmesser.

Jeder Wirtschaftsstudent sollte wissen, dass gerade in langen Datenreihen der Kapitalmärkte mitunter krasse Ausreißer enthalten sind, die die Richtung vorgeben können. Ein einziges Unternehmen wie bspw. Enron, Wirecard und Co. kann durch unvorhersehbare Skandale die gesamte Performance verfälschen. Backtests sind sicherlich durchaus interessant, aber mehr eben auch wieder nicht. Man sollte sich definitiv nicht allzu sehr glorifizieren, was allerdings unter Finfluencern immer wieder passiert und gar als „Wissenschaft“ dargestellt wird.

An dieser Stelle ein paar Worte zum Autor:

Sinan Krieger ist Wirtschaftsjournalist und Mitbegründer eines erfolgreichen YouTube-Finanzkanals. Er arbeitete in seiner Karriere unter anderem für das Handelsblatt und Focus Money. Heute schreibt er als Autor für BÖRSE ONLINE.

Schlussendlich hätte ich mir für ein selbsternanntes Best-of-Buch eines erfahrenen Finanzjournalisten am Ende dann doch etwas ausgefeilter Rendite-Risiko-Bewertungssysteme oder kritische Einordnungen der vorgestellten Strategie erwartet. Sein Anteil am Buch erscheint mir in der Rückschau recht blass geblieben zu sein und das empfinde ich als schade.

„Es ist eindeutig zu sehen, dass jene Unternehmen, die ihre Dividende kontinuierlich steigern konnten, nicht nur langfristig die beste Performance verbuchen, sondern gleichzeitig auch am wenigsten stark schwanken und somit das beste Rendite-Risiko-Verhältnis aller Aktiengruppen in der Studie aufweisen.“

Sinan Krieger

Gerade im Hinblick auf Dividenden-Strategien tappt Sinan Krieger meiner Meinung nach in Henne-Ei-Problematiken. Er macht es sich mit seinen Backtest-Kauselketten schlichtweg zu einfach und lässt darüber hinaus in den weiteren Ausführungen steuerliches Hintergrundwissen vermissen:

„Wieso ich diese Strategie so charmant finde? Weil Sie eine tolle Ergänzung insbesondere für Arbeitnehmer oder Rentner sein kann, die an einen monatlichen Zahlungsturnus gewöhnt sind. Klar, die Dividendenrendite steigt nicht, nur weil die Ausschüttungen auf insgesamt zwölf Monate aufgesplittet werden, aber es kann für einige Leute in Bezug auf ihre Finanzplanung durchaus attraktiv sein, wenn sie sich auf eine monatliche Ausschüttung verlassen können.“

Sinan Krieger

Eine der naivsten Argumentationen hinsichtlich Dividenden-Ausschüttungen, die ich allerdings immer wieder lesen muss. Selbstverständlich ist es nett, jeden Monat Dividenden ausgeschüttet zu bekommen. Man darf aber nicht vergessen, dass Dividenden nicht on top gezahlt werden, sondern das Portfolio um ihren Wert schrumpfen. Sie haben exakt denselben Effekt auf das Portfolio wie ein Teilverkauf. Dieser wäre steuerlich allerdings deutlich günstiger, da bei einem Teilverkauf (alle oberhalb des Steuerfreibetrags betrachtet) noch der Gewinnanteil versteuert werden muss – bei ETFs sogar nur zu 70% - und bei einer Ausschüttung der gesamte Betrag. Teilverkäufe können darüber hinaus individualisiert werden und sind bei den heutigen Brokern mitunter kostenneutral oder zumindest - den Steuervorteil berücksichtigt – zu nicht nennenswerten Kosten ausführbar.

Dass das überhaupt noch als Argument verwendet wird. Entweder die Leute verstehen es einfach nicht oder sie wollen es einfach nicht verstehen, aber Dividenden sind oberhalb des Steuerfreibetrags nicht viel mehr als eine emotionale Negativprämie.

An sich bleibt es aber ein interessantes Buch. Mit etwas mehr Aufwand und einem kritischeren Blick könnte es sicherlich auch zu einem sehr empfehlenswerten Buch werden. Aus Sicht eines Privatinvestors frage ich mich, was mir ein Finanzbuch bringt, wenn es mir einfach nur Strategien vorstellt und es verpasst, den Finger wirklich in die Wunden zu legen, an die emotionalen Schwächen der Menschen zu appellieren etc. Es macht für mich keinen Sinn, mit emotional beeinflussten Strategien die Irrationalitäten mancher Investoren zu bedienen.

Dementsprechend kann ich diesem Buch am Ende nur drei Sterne geben. Weil es zwar einen guten Überblick gibt und grundsätzlich in Ansätzen gut erarbeitet wurde, aber zuletzt in keiner Weise den großen Wurf darstellt oder an sonstige Einsteiger Werke von Jessica Schwarzer, Gerd Kommer, Pirmin Hotz oder Tony Robbins herankommt.

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